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Die glückliche Hand

Musikalische Avantgarde um 1920

Schönbergs Kurzoper „Die glückliche Hand“ steht im Zentrum des Konzertprogramms, das das Orchester Divertimento Viennese unter der Leitung des Dirigenten Vinzenz Praxmarer im Rahmen der Salzkammergut Festwochen Gmunden und in Kooperation mit Salzkammergut 2024 im Oktober 2024 zur Aufführung bringen wird. Genau 100 Jahre nach der Uraufführung von „Die glückliche Hand“ am 24. Oktober 1924 ist das besonders sinnfällig, weil Schönbergs Kurzoper auf dramatischen persönlichen Erlebnissen beruht, die sich während seines Aufenthalts am Traunsee abgespielt haben. Das Projekt schließt auch eine Kooperation mit den Salzburger Festspielen (Fest zur Festspieleröffnung) mit ein, wo das Programm am 20. Juli 2024 im Mozarteum Salzburg dargeboten wird. Unterstützt wird das Projekt zudem vom Nationalfonds der Republik Österreich sowie vom Zukunftsfonds der Republik Österreich.

Die glückliche Hand gilt ebenso als „beispielhaftes Werk des musikalischen Expressionismus“ (Egon Wellesz). Er komponierte es zwischen 1911 und 1913 und verarbeitet darin die tragischen Ereignisse rund um den Maler Richard Gerstl, der mit Schönbergs Frau Mathilde (geborene Zemlinsky) eine Affäre begonnen hatte. Nachdem diese die Liaison schließlich beendete, nahm sich Gerstl das Leben. Schönberg schrieb selbst das Libretto und orientierte sich dabei an „Strindbergs Stationentechnik als Dramenform des Einzelnen, dessen Weg durch eine entfremdete Welt er anstelle zwischenmenschlicher Handlungen zu gestalten sucht.“ Die Orchesterpolyphonie ist stark von der kurz davor entstandenen Oper „Erwartung“ geprägt, die avanciert eingesetzte Sprechstimmentechnik von seinem „Pierrot lunaire“.

Den Anfang des Programms macht aber Arnold Schönbergs Kammersymphonie No. 1 in E-Dur. Dieses ausdrucksstarke und formal stringente Werk gilt als Paradebeispiel des Wiener Expressionismus und steht an der Schwelle zwischen spätromantischer stark erweiterter Tonalität und dem Übergang zur freien Atonalität. Es war auch Teil des legendär gewordenen Skandalkonzerts (,‚Watschenkonzert“) 1913 im Wiener Musikverein, bei dem es zu tumultartigen Ausschreitungen zwischen Befürwortern und Gegnern der damals jungen „Zweiten Wiener Schule“ kam.

Die genaue Entstehungszeit der Lieder eines fahrenden Gesellen ist kaum eindeutig zu bestimmen, vermutlich aber hat sie Mahler, während seiner Tätigkeit in Kassel zwischen Ende 1883 und Anfang 1885 komponiert. Zu dieser Zeit ging der vierzehn Jahre jüngere Schönberg noch zur Schule und unternahm gerade seine ersten Kompositionsversuche. 35 Jahre später fertigte er, der Mahler als Mensch und Künstler grenzenlos verehrte, die Kammerfassung der Gesellen-Lieder für den „Verein für musikalische Privataufführungen“ an. Die Uraufführung fand am 6. Februar 1920 im 43. Konzert des Vereins stattfand. Durch die reduzierte Fassung tritt vor allem das thematisch motivische Gewebe der Komposition pointierter in den Vordergrund, ganz im Sinne von Schönbergs Anspruch an die „fast beispiellose Sachlichkeit“ und Ökonomie des Mahlerschen Klangbildes.

Erwin Schulhoff war ein großer Anhänger der Wiener Schule und interessierte sich für alle radikalen Richtungen der Avantgarde. Seine „Suite für Kammerorchester“ stammt aus der gleichen Zeit wie „Die glückliche Hand“. Das expressive Werk in einer Symbiose aus neoklassizistischer Anlage und subversiven Jazz-Rhythmen erlebte seine Uraufführung 1922 in Berlin.